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 Das Haus des Teufels

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~Akasha~
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BeitragThema: Das Haus des Teufels   Das Haus des Teufels Icon_minitimeDo 18 März - 20:42

So, das hier stellt die aktuellste Geschichte dar, an der ich schreibe. Wie man eigentlich schon im ersten Kapitel merkt, kann man sie den Genre Horror und Fantasy zuschreiben. Ja, es kommt verflucht nochmal eine Art Vampir drin vor, aber ein richtiger und nicht so ein Twilight-Weichspüler-Pussy-Vampir, SO! Wenn dann werde ich die Posts eher kapitelweise erstellen, also nicht über den Umfang erschrecken.
Dann lasset die Spiele beginnen:


Das Haus des Teufels


Kapitel 1: Versteinert


„Nein, ich lass dich nicht allein.“ Fleurs Herz begann zu rasen.
„Bitte geh! Geh doch einfach! Ist es denn so schwer?“ Er verlor langsam die Geduld und blickte sie durchdringend an. Dann seufzte er auf, zwang sich zur Ruhe. „Ich kann es nicht kontrollieren. Ich will dir nichts antun, aber ich kann einfach für nichts garantieren. Ich habe keine Macht, keinerlei Einfluss darauf. Bitte geh! Es lässt sich nur verdammt schwer unterdrücken, wenn du vor mir stehst. Bitte geh, sonst werde ich dich auch noch umbringen, so wie Jed.“
Fleur erstarrte. Die Erinnerung kroch ihr in Form eines eiskalten Schauers den Rücken hinauf. Unwillkürlich begann sie zu zittern. Sie hörte Jeds Todesschrei. Erinnerte sich mit Schrecken daran, wie er wie ein nasser lebloser Sack zusammenklappte. Unter ihm eine rote Pfütze. Überall das viele Blut, das ihm aus den Arterien herausgeschossen war wie Fontänen. Kleine purpurrote Fontänen. Über ihn gebeugt stand er, Raphael, fassungslos seine blutverschmierten Hände betrachtend. „Was habe ich getan? Bin das wirklich ich?“ Fleur verscheuchte diese Erinnerung wie eine lästige Schmeißfliege. War das wirklich real gewesen? Hatte sie es nicht nur geträumt? Wahrscheinlich nicht, denn andernfalls wüsste Raphael nicht davon, er konnte unmöglich dasselbe geträumt haben wie sie. Außerdem hätte sie jetzt nicht so eine Heidenangst, wenn es wirklich nur ein Traum gewesen wäre. Aber ihr Entschluss stand fest.
Sie blickte ihn sanft an. „Raphael, ich lasse dich nicht allein damit. Ich werde bei dir bleiben. Weißt du auch warum? Weil ich dich liebe. Ich habe dich immer schon geliebt.“ Tränen kullerten ihr übers Gesicht. Sie errötete leicht, blickte auf den Boden und hielt sich die rechte Hand vorsichtig vor den Mund, als hätte sie ein Geheimnis preisgegeben, das sie besser für sich behalten hätte. Als sie ihren Blick wieder aufrichtete, lag in ihm ein seltsam eingeschüchterter Ausdruck, gepaart mit ein wenig Vorwurf. „Du hast mich nie geliebt. Du hattest immer nur Augen für Samara. Du würdest es nie zugeben, aber ich weiß es. Ich spüre es. Aber weißt du was? Sie ist mit Aiden zusammen, nicht mit dir.“
Raphael seufzte. „Das wissen doch alle, dass die zwei ein Paar sind. Die machen ja auch nicht gerade ein Geheimnis draus, oder?“ Nach diesem Ausspruch durchzuckte ihn ein plötzlicher Schmerz mit einer ungewöhnlich heftigen Intensität. Raphael sank, ein gequältes Gesicht ziehend, ein Stück zu Boden. „Geh endlich! Ich kann es nicht länger halten. Lauf!“
„Nein.“ Es war mehr ein Wispern, das sich ihren Lippen entwand.
„Wenn ich dir wirklich jemals irgendetwas bedeutet habe, dann gehst du jetzt!“ Er schrie sie an.
„Nein!“ Ihre Stimme klang nun wesentlich energischer.
Dann war es still.
Fleurs Augen huschten nervös durch den spärlich beleuchteten Raum. Das Fenster, welches sich zu ihrer Linken befand, war mit einem alten staubigen Samtvorhang verhangen, der einen gräulichen Farbton besaß. Vermutlich war er einmal schwarz gewesen, aber das Licht hatte ihn im Laufe der Jahre ausgebleicht. Jedenfalls verhinderte er, dass auch nur die Spur eines Sonnenstrahls in dieses Zimmer eindringen konnte. Es war nämlich schon Mittag.
Über den Eichendielen des Fußbodens lag ein alter Teppich, auf dem sich das eine oder andere Loch ausmachen ließ.
Vor ihr stand Raphael, der heftig keuchte und schon kniete. Hinter ihm war die einzige Tür des Raumes. Sie war einen Spalt breit geöffnet. Fleur hatte sie geöffnet, um zu ihm zu gehen. Sie fand es ungerecht von den anderen, ihn hier einsam und allein eingesperrt zu lassen. Er hatte Jed umgebracht. Er war eine potenzielle Gefahr. Aber trotzdem...
An der Decke hing ein Kronleuchter, der vor lauter Spinnweben nur so wimmelte. Im Raum standen einige Stühle und ein Tisch, die allesamt mit alten Laken zugedeckt worden waren. Und dann war da noch ein Flügel. Ein schwarzer Flügel, auf dem ein Kerzenleuchter stand. Die drei weißen Kerzen, die in versetzter Höhe angebracht waren, bis zur Hälfte abgebrannt.
Fleur stutzte. Der Flügel war der einzige Gegenstand im ganzen Zimmer, der von keinem Staubschleier überdeckt war. Er schien sogar frisch poliert zu sein, aber sie war sich nicht sicher. Denn erstens war es zu dunkel, um es richtig erkennen zu können und zweitens: Wer hätte ihn den polieren sollen? Das Anwesen war doch schon seit Jahrzehnten verlassen. Genau genommen seit jenem mysteriösen Vorfall, der nun schon mehr als ein Jahrhundert zurücklag.
Was machten sie überhaupt hier? Wessen Idee war es überhaupt gewesen, hierher zu gehen? Bevor Fleur dazu kam, noch einmal darüber nachzudenken, womit alles genau angefangen hatte, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen.
Sie schrie kurz auf, als der Flügel neben ihr urplötzlich, wie aus dem Nichts, anfing, eine Melodie zu spielen. Aber da saß doch niemand! Wie konnte das nur sein? Sie erlitt fast einen Herzinfarkt, als sie bemerkte, dass sich die Tasten von allein bewegten.
Dann erklang ein schallendes Lachen.
Fleur wirbelte herum. Es kam von Raphael. Er lag auf dem Rücken und lachte aus vollem Halse. Dann richtete er sich mit geschmeidiger Bewegung auf und verstummte. Er grinste sie hämisch an und seine Augen funkelten.
„Du hättest auf den Jungen hören sollen.“, flüsterte er in einem belustigten Tonfall. „Dein Pech, dass du es nicht getan hast.“ Er trat langsam auf sie zu.
„Raphael?“, fragte sie verunsichert und wich vor ihm zurück. Er machte scheinbar nur einen einzigen Schritt und stand plötzlich vor ihr. Sie wollte wegrennen, aber er hielt sie an ihren Armen fest.
„Nein.“, wisperte er lächelnd. „Ich bin nicht Raphael, ich bin dein Tod. Du hättest dem Jungen lieber gehorchen und fliehen sollen, aber du musstest ja bleiben. Er hat es nur gut gemeint. Weißt du, er hat sich wirklich Mühe gegeben, mich zu unterdrücken, aber er hat nicht genügend Ausdauer. Du bedeutest ihm zwar nichts, du bist ihm völlig egal, aber doch... umbringen wollte er dich nicht. Er will keinen von euch töten.“ Seine Miene verfinsterte sich und er starrte sie zornig an. „Aber ich! Ich will euch alle töten! Einen nach dem anderen. Als Strafe dafür, dass ihr mein Haus betreten habt.“
„Wir wussten doch nicht-“
„Schweig! Es ist völlig irrelevant, was ihr wusstet und was nicht. Ihr habt meine Ruhe gestört und dafür werdet ihr sterben.“
Er drückte ihren Körper ganz fest an sich und strich ihr ihre langen Haare über die Schulter hinweg, um so ihre Kehle zu entblößen. Sie wollte sich befreien, aber er hatte zuviel Kraft. Er hielt sie fest umklammert. Sie wollte um Hilfe rufen, aber ihre Stimme versagte. Er grinste nur völlig unbeeindruckt. Sie erkannte aus den Augenwinkeln, dass seine Eckzähne ein gutes Stück länger wurden und die Form von Reißzähnen annahmen.
Als er sie mit einer ruckartigen Bewegung in ihrer Kehle vergrub, stöhnte Fleur leise auf. Sie spürte den Schmerz. Spürte, wie er ihr das Blut aus den Adern saugte. Spürte, wie sie immer schwächer und er immer stärker wurde. Sie wusste, dass sie sterben würde. Fleur ächzte kaum hörbar auf.
Die Musik war in dem Moment erstorben, da seine Lippen ihr Fleisch berührt hatten. Aber dafür konnte sie ihn jetzt vor Verzückung summen hören. Genussvoll schloss er seine Augen und gab sich in einer seltsamen Art von Erregung ihrem Blut hin.
Mit jedem Schluck, den er gierig nahm, büßte sie einen Teil von sich selbst ein, bis sie schließlich ihr Bewusstsein verlor. Irgendwann, als ihr Körper schon ganz blass war, ließ er von ihr ab. Sie war tot.
„Raphael, du Schwein!“ Die Tür ging auf und Mike trat, dicht gefolgt von Simeone, Aiden und Samara, ein. Alle vier keuchten. Sie waren ein wenig erschöpft, da sie auf der Suche nach Fleur quer durch das riesige Haus gerannt waren.
Er blickte belustigt in ihre Richtung und grinste unverschämt. Seine Augen, sonst rehbraun, hatten eine weinrote Färbung angenommen. Sein Mund und sein Kinn waren mit Fleurs Blut benetzt, das noch warm war.
„Wolltet ihr mit mir zu Mittag essen? Ich bin untröstlich, aber ich habe mein Mahl bereits eingenommen.“ Er deutete auf Fleurs Leiche.
Simeone drehte sich der Magen um. Sie gab sich Mühe, nicht zu erbrechen. Samara drehte sich zu Aiden um, der sie schützend in die Arme nahm.
„Du asozialer Perverser!“, fuhr Mike ihn an. Dann rannte er zum Fenster und riss, bevor Raphael verstand, was vor sich ging, die Vorhänge herunter. Raphael schrie und hielt sich schützend die Hände vors Gesicht, als die Sonnenstrahlen von draußen in den Raum hereinbrachen. Das nützte alles nichts, denn innerhalb weniger Sekunden erstarrte er zu einer Steinstatue.
„Hoffentlich hat der Spuk jetzt ein Ende. Wir müssen nur noch überlegen, wie wir hier wieder herauskommen“, murmelte Mike, als er enttäuscht feststellen musste, dass auch dieses Fenster von außen vergittert war.
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BeitragThema: Re: Das Haus des Teufels   Das Haus des Teufels Icon_minitimeSo 4 Apr - 12:51

Kapitel 2: Die Klassenfahrt


„Na, du Grufti?“, es war wie immer Mike, der einem seiner Lieblingshobbies nachging: Raphael ärgern.
„Lass ihn in Ruhe.“, stöhnte Fleur, die sich penetranterweise neben ihren Schwarm gesetzt hatte.
„Dann soll er nicht immer rumlaufen, als käme er grad von einer Beerdigung.“
„Du könntest ja mal sterben gehen, dann hätte er einen Grund so herumzulaufen.“, fauchte sie zurück. „Außerdem steht ihm schwarz sehr gut.“ Sie lächelte Raphael verlegen an. Dieser verdrehte nur genervt die Augen und blickte aus dem Fenster. Es war immer dasselbe. Mike ärgerte ihn immer, weil er meist schwarz bekleidet war, Fleur nahm ihn immer unnötigerweise in Schutz und dann startete sie immer klägliche Flirtversuche. Warum war er überhaupt mitgefahren? Er hasste Klassenfahrten, er hasste seine Klasse, er hasste seine Lehrer und wenn man es genau nahm, hasste er überhaupt jeden. Außer vielleicht Samara, die hasste er nicht.
„Gibt es hier ein Problem, die Herrschaften?“, fragte Herr Linus, der Chemielehrer der Klasse, der für die erkrankte Klassenleiterin mitgefahren war, als er seinen obligatorischen Kontrollgang durch den Bus machte.
„Ja, es heißt Mike und sitzt vor mir.“, erwiderte Raphael ohne seinen Blick vom Fenster abzuwenden.
„Um Gottes Willen! Was soll jetzt das? Sind Sie im Kindergarten? Nein. Sie sind in der Oberstufe. Benehmen Sie sich auch dementsprechend!“
„Sagen Sie das nicht mir, sondern ihm.“, murmelte Raphael.
Auf Herrn Linus’ Gesicht legte sich ein arroganter Schleier. „Sie könnten aber wirklich mal zur Abwechslung etwas anderes Anziehen, sonst kriegen Sie noch einen Hitzschlag.“
Als Mike lauthals auflachte, wandte sich der Chemielehrer auch gleich ihm zu. „Und Sie sollten etwas weniger lachen und dafür etwas mehr Chemie lernen, sonst fallen Sie dieses Jahr durch.“
„Was? War meine letzte Abfrage denn so schlecht?“, Mike hatte trotz seines Wissensmangels noch mit einer Zwei gerechnet.
Herr Linus lachte kurz, bevor er mit „Ja.“ antwortete und weiterging. Als er außer Hörweite war, verfluchte Mike ihn, aber zumindest ärgerte er Raphael dabei nicht.
Das hielt jedoch nicht besonders lange an, denn schon fing er wieder an, Emo-Witze zu erzählen.
„Mike, nerv die Leute nicht!“ Jetzt mischte sich Aiden ein.
„Kümmre dich um deinen eigenen Scheiß!“
„Halt die Klappe, Mike. Merkst du nicht, dass du nervst?“, raunzte nun auch Jed. Jed war der beste Freund von Aiden. Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten.
Mike tat so, als habe er es überhört und fing stattdessen eine Unterhaltung mit seiner Freundin Simeone, die neben ihm saß, an.
„Das wurde aber auch einmal Zeit. Muss er ihn immer nerven?“, meinte Samara, die neben Aiden saß und in einem Magazin blätterte.
„Scheint so. Warum hast du dich eigentlich nicht eingemischt? Du kennst Raphael doch schon länger als ich.“
„Ach...“ Samara war der misstrauische Unterton in seiner Stimme nicht entgangen. Weil sie wusste, dass er wieder eifersüchtig werden würde, wenn sie für Raphael Partei ergriff, ließ sie es lieber sein.
„Naja, aber schon traurig, die Sache mit seinen Eltern.“, meinte Aiden. „Aber das ist kein Grund, wie ein Gothic herumzulaufen.“
„Lass ihn doch. Wenn er meint...“ Samara mochte Raphael. Vielleicht sogar mehr, als ihr lieb war. Aber er tat ihr auch leid, weil er mit 13 Jahren seine Eltern verloren hatte. Sie waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Seitdem lebte er bei seinem Onkel, zu dem er vor vier Jahren gezogen war.
„Ist er nicht mit mir, Jed und Mike in einem Zimmer? Das kann ja noch heiter werden.“ Aiden seufzte.
„Glaub schon.“ Sie glaubte es nicht nur, sie wusste es auch. „Ich bin mit Simeone und Lydia in einem Zimmer.“
„Ja, stimmt. Ihr habt das einzige Dreier-Zimmer gekriegt.“, grummelte er, wofür Samara ihn auslachte.


Als sie die Herberge, in der sie die nächsten fünf Tage zubringen würden, erreicht, ihre Koffer und Taschen auf die Zimmer gebracht und gerade angefangen hatten, diese auszuräumen, kam eine Gestalt eilig in das Dreier-Zimmer gefetzt.
„Herr Linus hat gemeint, in einer halben Stunde gibt’s Essen.“, berichtete sie freudestrahlend.
„Wie hast du das nur wieder rausgefunden, Lydia?“, seufzte Simeone.
„Na, ich hab ihn halt gefragt. Wie denn sonst?“ Sie konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.
„Du solltest mal aufhören, dich so viel mit ihm abzugeben. Erstens ist er dein Lehrer und zweitens ein Arschloch. Aber was für eins...“
Für diese Äußerung konnte Lydia nicht anders, als Simeone mit einem erbosten Blick zu strafen und ihren Angebeteten in Schutz zu nehmen: „Gar nicht wahr! Du kennst ihn doch gar nicht richtig. Außerdem musst du grad reden. Als wenn Mike so umwerfend wäre!“
„Er hat so seine Vorzüge, auch wenn er manchmal ein wenig unreif sein kann.“
„Manchmal?“
„Jetzt hört auf! Alle beide! Da kann man ja nicht zuhören.“, brummte Samara, die sich bis jetzt herausgehalten hatte. „Du hörst auf, gewisse Lehrer anzumachen und du sagst deinem Freund mal, dass er Raphael nicht immer ärgern soll!“
Simeones Augenbraue zuckte augenblicklich in die Höhe. „Warum bist du eigentlich mit Aiden zusammen, wenn du in Wahrheit was von Raphael willst?“
„Aiden war schon ihr Freund, bevor sie Raphael kennen lernte.“, antwortete Lydia für sie. „Er hat die älteren Rechte. Macht der Gewohnheit.“
Samara sah sie völlig perplex an, aber ihr fiel einfach keine passende Erwiderung ein. Im Grunde hatte sie recht mit dem, was sie sagte. „Können wir vielleicht das Thema wechseln?“
„Wechseln? Du brauchst Abwechslung.“, antwortete Lydia prompt. „Das ist doch nicht gesund, viereinhalb Jahre mit ein- und demselben Langweiler abzuhängen. Lass ihn sitzen, der ist zu 08/15 für dich. Schnapp dir Raphael. Ich glaub, er steht auf dich.“
„Lass das! Aiden ist nicht langweilig!“
„Spannend ist er aber auch nicht...“
„Na und? Äh, ich meine, woher willst du das denn wissen?“
Lydia lachte triumphierend, ließ es dann aber doch darauf beruhen und fing endlich an, auch ihre Sachen kopfschüttelnd auszupacken.


Als sie damit fertig waren, machten sie sich auf den Weg zum Speisesaal. Die halbe Stunde war zwar noch lange nicht herum, aber die Drei hatten keine Lust, die Zeit im Zimmer abzusitzen, wenn sie sich in der Zwischenzeit schon einmal gute Plätze reservieren oder sich gegebenenfalls mit anderen aus der Klasse austauschen konnten.
Tatsächlich befanden sich schon vier von den insgesamt sechsundzwanzig Schülern in dem Saal, die sich schon an einen der Tische gesetzt hatten und mit ausdrucklosen Gesichtern auf das Essen warteten. Sie führten kaum Konversation.
„Solche Loser…“, raunzte Lydia und wendete ihren Blick schnell ab, nicht, dass einer von ihnen womöglich auf die Idee kam, sie heranzuwinken. Aber die vier Jungs hatten sowieso nicht bemerkt, dass jemand die Halle betreten hatte.
„Traurig, aber wahr.“, seufzte nun auch Simeone und nickte mit dem Kopf einem leeren Tisch zu, an den sie sich setzten.
Nach und nach füllte sich der Saal, die Mahlzeiten wurden auf Tabletts ausgeteilt bzw. für die, die noch nicht da waren an einem Buffet bereitgestellt. Schließlich betraten auch Aiden und Jed, dicht gefolgt von Mike, den Saal, bedienten sich am Essen und setzten sich zu den Freundinnen.
„Wo habt ihr denn Raphael gelassen?“, fragte Lydia, während ihre Augen kurz zu Samara huschten, die sie erst überrascht, dann zornig ansah. Lydia grinste.
„Keine Ahnung, wo der steckt.“, meinte Aiden. „Der hat sein Zeug ausgepackt und in den Schrank geräumt, dann ist er tonlos irgendwohin verschwunden.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Naja, der taucht schon wieder auf. Was meinst du, Samara?“
Samara verpasste Lydia, die ihr ja direkt gegenübersaß, unterm Tisch einen Tritt gegen das Schienbein. Diese verkniff sich ein wehleidiges Aufstöhnen, grinste dafür aber hämisch.
„Ich meine, dass dein Geliebter gerade den Weg zum Speisesaal gefunden hat.“
Lydia, die mit dem Rücken in Türrichtung saß, drehte sich betont unauffällig um. „Tatsächlich…“, ein anzügliches Lächeln umspielte ihren Mund.
Auch Simeone hatte ihn bemerkt und beugte sich ein Stück vor. „Na, willst du ihn nicht noch ranwinken? Neben dir ist immerhin noch ein Platz frei. Wäre das nicht die Gelegenheit? Aber wenn du das tust…“, ihre Mine verfinsterte sich. „…dann bin ich hier schneller weg, als du seinen Namen aussprechen kannst.“
„Keine Panik, ich will ihn ja nicht bedrängen.“, antwortete Lydia prompt.
„Tse, er würde sich eh nicht neben dich setzen. Und um dieser Schmach vorzubeugen, tust du das nicht. So sieht’s aus!“
Sämtliche Augenbrauen am Tisch zuckten in die Höhe und alle Blicke wandten sich schweigend Lydia zu. „War das eine Herausforderung?“
„Wenn du es so auffassen willst, dann schon.“ Simeone hatte eigentlich nichts gegen Lydia. Tatsächlich waren die beiden eigentlich ziemlich gut befreundet. Aber es gab eine Sache bzw. eine Person, die Simeone mehr hasste als alles andere auf dieser Welt. Und die hörte auf den Namen Linus. Er war nicht nur über alle Maßen streng, nein, er war noch dazu rechthaberisch, ein wenig arrogant und anspruchsvoll was Fachtermini betraf. Außerdem nahm er sein Fach Chemie viel zu ernst und ließ im Unterricht seine Launen des Öfteren an seinen Schülern aus (besonders, wenn einmal wieder keiner gelernt hatte). Viel schlimmer jedoch als er allein war die Tatsache, dass ausgerechnet Lydia sich in ihn verguckt hatte und sehr zu Simeones Leidwesen tagein tagaus von ihm schwärmte und ihn vergötterte. Dass sie in Chemie die Klassenbeste war nur am Rande. Jedenfalls sah es Simeone als ihre Pflicht an, Lydia die Augen zu öffnen, damit diese erkannte, mit wem sie es zu tun hatte. Aber das interessierte diese herzlich wenig.
„Wie du willst…“ Die Herausgeforderte drehte sich um und suchte das Objekt ihrer Begierde mit den Augen. Sie fand ihn am Buffet stehen. Er hatte sich schon etwas auf sein Tablett aufgetan und drehte sich gerade um, um sich einen Platz zu suchen. Peeerfekt! Als sein Blick zufällig in ihre Richtung streifte, winkte sie ihn heran und lächelte dabei. Simeone klappte der Kinnladen herunter, als er sich tatsächlich, ebenfalls grinsend, zu ihrem Tisch aufmachte und sich kurz darauf neben Lydia niederließ.
„Ja, Frau Reavens, danke, dass Sie mir den Platz angeboten haben.“, er lachte dämlich.
„Immer doch.“, sie blickte Simeone triumphierend an, die ihr einen entsetzten Blick entgegnete und sich dann scheinbar angewidert in eine andere Richtung drehte.
Jetzt war nur noch der Platz neben Samara und gegenüber dem Chemielehrer frei. Keiner am Tisch, nicht einmal Herr Linus selbst zweifelte daran, dass dieser Platz dank seiner Anwesenheit auch unbesetzt bleiben würde. Doch sie wurden alle in dieser Hinsicht enttäuscht, denn soeben trat eine dunkel gekleidete Gestalt heran.
„Ist da noch frei?“ Es war Raphael, der sich an Samara gewandt hatte.
„Klar, setz dich doch.“ Sie lächelte ihn kurz an, wandte dann aber schnell den Blick ab, da sie aus dem Augenwinkel sah, wie Aiden, der neben Lydia saß, die Mundwinkel nach unten verzog und beide skeptisch musterte. Raphael registrierte es zwar auch, reagierte aber in keinster Weise darauf.
Um die Situation zu entschärfen, fing Jed eine Unterhaltung mit Aiden an, an der sich auch Simeone beteiligte, nach kurzem Zögern auch Mike. Das Zögern, weil er wusste, dass er Raphael damit einen Gefallen tat, was er eigentlich vermeiden wollte. Herr Linus tauschte sich mit Lydia aus, die ihm bei jeder noch so kleinen Gelegenheit tief in die Augen sah, sodass ihm manchmal die Worte entfielen.
Die einzigen, die schweigend dasaßen waren Samara und Raphael.
„Er mag es nicht, wenn du mit mir redest, oder?“ Samara zuckte beim Klang seiner Stimme unwillkürlich zusammen.
„Wenn du Aiden meinst, ja…“, seufzte sie.
„Dann bring ich dich lieber nicht dazu, mit mir zu reden. Nicht, dass du dich noch wegen mir mit ihm streiten musst.“
„Ja…“ Sie war beim Klang seiner Stimme, die sie viel zu selten hörte, kurz abgedriftet. „Ähhh… nein, doch… ach, verdammt… Natürlich können wir uns unterhalten, Aiden soll sich nicht so anstellen.“ Ihr Glück, dass eben der gerade nicht zuhörte, sondern vertieft in eine Diskussion über einen aktuellen Kinofilm war.
Raphael lachte leise und flüsterte: „Schön… früher haben wir oft miteinander geredet.“
„Ja, früher… Warum eigentlich nur damals, warum heute nicht mehr? Findest du nicht, dass wir das ändern sollten?“
„Das Warum ist dein eifersüchtiger Freund. Und ja, wir sollten das ändern.“ Er lächelte. „Aber dafür wird Aiden mich verprügeln und Fleur dir die Augen auskratzen.“
„Damit werden wir schon fertig. Du bist dann eben invalid und ich blind.“ Sie lachte bei der Vorstellung kurz auf, was ihr einen missbilligenden Blick von Aiden einhandelte, der gerade hersah.
„So allmählich wird’s lästig.“, seufzte Raphael.
„Wem sagst du das? Mein Gott, wenn man vom Teufel spricht…“ Gerade kam Fleur mit ihrem Tablett auf sie zugehuscht.
„Warum hat mir niemand einen Platz freigehalten?“, fragte sie bestürzt an Raphael gewandt.
„Tja, alles besetzt. Hier ist nichts mehr frei.“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, das ihm aber sofort verging, als Fleur Anstalten machte, sich einen Stuhl zu schnappen, um ihn neben ihrem Schwarm zu postieren.
„Hey!“, das kam von Lydia. „Was wird denn das, wenn es fertig ist?!“
Fleur hatte den Stuhl am Tischende platziert, setzte sich und versuche jetzt krampfhaft, ihr Tablett zu den anderen zu quetschen, obwohl da überhaupt kein Platz war.
„Na, ich will vielleicht auch was essen?“, zischte Fleur zurück.
Lydia zog ihre Augen zu schmalen Strichen zusammen. Zwei Sachen passten ihr ganz und gar nicht. Die erste war schlichtweg die Tatsache, dass ein anderes weibliches Wesen sich unerlaubt in direkte Nähe von Herrn Linus begeben hatte. Ob sie nun Konkurrenz darstellte oder nicht, spielte da überhaupt keine Rolle. Zum anderen war sie einfach fehl am Platz. Lydias Ansicht nach hatte Raphael bezüglich Samara einmal Initiative ergriffen, die aber durch Fleurs penetrantes Verhalten zunichte gemacht wurde, da sich die beiden nun unmöglich mehr ungestört unterhalten konnten. Lydia kannte Raphael gut genug, um zu wissen, dass Fleur ihn außerordentlich nervte, er aber aus Höflichkeit nichts gegen sie unternahm oder es schon lange aufgegeben hatte. Und sie wusste, dass er etwas von Samara wollte und sie im Grunde auch was von ihm. Und da Raphael nichts unternehmen würde und Samara ebenfalls nicht, da sie ja Aiden im Nacken hatte, würde Fleur sich von allein nicht vom Fleck bewegen, also musste Lydia einfach eingreifen und den Störfaktor irgendwie verscheuchen. Sie wollte sowieso, dass Samara sich von Aiden trennte und stattdessen Raphael ein Chance gab. Aber wie, wenn irgendjemand ständig dazwischenfunkte?
Herr Linus räusperte sich. „Weiß einer von Ihnen, wo sich die Toiletten befinden?“
Lydia deutete in eine Richtung. Er stand auf und verschwand ein „Dankeschön“ murmelnd.
Als er außer Sichtweite war, war das der Startschuss. „Sag mal, hast du sie noch alle, Fleur? Sieh zu, dass du weiterkommst und stör die Leute nicht immer!“
„Ich störe doch überhaupt nicht!“
„Nein, gar nicht. Bist du in deiner Aufdringlichkeit eigentlich schon so verblendet, dass du gar nicht mehr merkst, dass du hier fehl am Platz bist, oder wie?“
„Aufdringlich bist du, okay? Wer schmeißt sich den hier an die Lehrer ran, hm? Wenn du mich fragst, ist es kein Wunder, dass du in Chemie so gut bist. Wenn du ständig mit ihm flirtest, fühlt er sich begehrt und das schmeichelt ihm. Und deshalb gibt er dir dann die guten Noten. Das ist nur eine höhere, wenn auch billigere Form des Einschleimens!“
Lydia verpasste ihr eine Ohrfeige. „Jetzt hör mir mal zu! Erstens hab ich dich nicht gefragt! Zweitens kann ich nichts dafür, wenn du zu dumm für Chemie bist. Und drittens störe ich damit niemanden, ihn eingeschlossen, denn er unterhält sich gerne mit mir. Aber du störst alles und jeden mit deinen billigen Anmachen. Vor allem aber Raphael. Merkst du denn nicht von allein, dass er nichts von dir will?“
„Dann würde er es mir doch sagen, oder? Stimmt’s, Raphael?“
„Hoffnungslos.“, zischte Lydia.
Raphael stöhnte genervt. „Lydia, danke, aber du bist nicht meine Anwältin.“ Fleur lachte siegessicher auf. „Aber sie hat recht mit dem, was sie sagt. Fleur, ich wollte es dir nicht so direkt sagen, weil ich dachte, dass du aus meinem Verhalten dir gegenüber genug Schlüsse ziehen würdest. Aber…“ Er sah ihr direkt ins Gesicht. „Ich will dich nicht.“ Fleur starrte ihn fassungslos an. Das blanke Entsetzen stand ihr aufs Gesicht geschrieben. „Wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet.“ Ohne auf irgendeinen weiteren Kommentar zu warten, stand er auf und ging aus dem Saal. Samara und Fleur standen ebenfalls mit derselben Intention auf, nämlich ihm nachzugehen. Fleur machte einige Schritte auf den Ausgang zu, während Samara schon im Begriff war, sich wieder zu setzen. Aber Lydia erhob sich und stellte sich Fleur in den Weg. „Du bleibst hier!“ Deren Gezeter ignorierend warf sie Samara einen ungeduldigen Blick zu. Diese blieb in der Bewegung erstarrt, überlegte kurz und folgte Raphael dann doch.
„Sam-“, setzte Aiden an, aber Jed hielt ihn am Arm fest und schüttelte den Kopf.
„Lass sie.“, raunzte er.
„Aber-“
„Lass. Sie.“, sagte er noch einmal mit Nachdruck. Jed war dieses hin und her allmählich leid. Er würde es Aiden nie sagen, aber er fand, dass Samara sowieso besser zu Raphael passte. Außerdem tat Aiden seiner Freundin in seiner eifersüchtigen, manchmal schon fast herrschsüchtigen Art nicht gut. Samara war ein wenig zu zart für jemanden wie Aiden, er konnte nicht wirklich gut mit ihr umgehen. Das war am Anfang ihrer Beziehung anders gewesen, aber die beiden hatten sich ziemlich auseinander gelebt und passten nicht mehr so gut zueinander wie damals. Ihre Beziehung hatte sich zu einer Gewohnheit entwickelt, an nur noch Aiden festhielt, da Samara zu kleinlaut war, um einen Schlussstrich zu ziehen. Aber Jed hoffte, dass sie vielleicht durch Raphael an Entscheidungskraft dazugewinnen würde.

„Und, wie ist es gelaufen?“, fragte Lydia, eine Chipstüte aufreißend, an Samara gewandt. Sie befanden sich zusammen mit Simeone auf ihrem Zimmer. Ihre unverhohlene Neugier war unüberhörbar. Nach dem Abendessen, das schon lange vorbei war, hatten die drei sich erst wieder hier getroffen. Samara war, ebenso wie Raphael, nicht vorher wieder aufgetaucht.
„Du musst uns jedes noch so schmutzige Detail erzählen.“, fügte Simeone grinsend hinzu.
„Da gibt’s eigentlich nichts weiter zu berichten…“, setzte Samara an.
„Sprich!“, antworteten ihre Freundinnen wie aus einem Munde.
„Naja, als er aufgestanden ist, bin ich ihm eben hinterhergegangen. Ich bin aus dem Speisesaal raus und links den Gang entlang, weil ich da Schritte gehört hab. Zwei Korridore weiter hab ich ihn dann auf einer Fensterbank sitzend gefunden. Er hat gedankenverloren in die Dunkelheit draußen gestarrt. Mich hat er erst bemerkt, als ich neben ihm stand. Da ist er zusammengezuckt. Ich hab mich ihm gegenüber hingesetzt und wir haben geredet. Irgendwann kam Pamela und hat gemeint, dass die Nachtruhe bald anfängt und dass wir lieber in unsere Zimmer gehen sollten. Da haben wir uns verabschiedet und sind gegangen.“
Lydia klappte der Kinnladen herunter. „Waaaaaas? Ihr habt die ganze Zeit nur geredet???“, sie sprach das Wort aus, als handele es sich dabei um eine ansteckende Krankheit. „Was seid ihr eigentlich für Anfänger?“
Simeone ließ eine Augenbraue hochzucken. „Da fällt mir ein, wo warst du eigentlich nach dem Essen, Lydia? Wir sind zusammen die Treppe hoch und unterhalten uns noch. Im nächsten Moment frag ich dich was, bekomm ewig keine Antwort, dreh mich um und stelle fest, dass du gar nicht mehr da warst.“
Lydia grinste anzüglich. „Das geht dich ja wohl nichts an.“, schnurrte sie.
Ein Ausdruck blanken Entsetzens meißelte sich auf Simeones Gesicht. „Nein, das kannst du mir jetzt nicht erzählen! Du hast doch wohl nicht-„
Lydias Augenbraue zuckte in die Höhe. „Habe was nicht?“
„Du hast doch wohl nichts getan, was ihr beide noch bereuen werdet.“
„Nein, nein, das nicht.“ Ihr Grinsen bekam verschwörerische Züge.
„So? Das nicht? Was dann? Raus mit der Sprache.“
Lydia lachte dreckig. „Seit wann interessieren wir uns dafür, was ich bezüglich seiner unternehme?“
„Raus. Mit. Der. Sprache.“
„Naja, weißt du…“ Sie seufzte theatralisch und genoss es insgeheim, ihre Freundin zappeln zu lassen, ehe sie ihre Karten auf den Tisch legte. „Er stand da so ein Stück vom Treppenabsatz der ersten Etage entfernt und hat mir einen dieser intensiven Blicke zugeworfen. Da konnte ich nicht anders, als zu ihm zu gehen und seinen Blick zu erwidern. Dann hat er mich aufgefordert, mit ihm zu gehen. Wir sind in einen abgelegenen Korridor verschwunden. Da haben wir uns erst über Schule unterhalten, dann über andere Dinge, die zunehmend intimer wurden. Schließlich ist er näher an mich herangetreten und hat mich an meinen Oberarmen berührt. Als ich nicht zurückgewichen bin, kam er noch ein Stück näher, bis wir eng beieinander standen. Dann bin ich stumm in seinen Augen versunken und er in meinen. Schließlich hat er mit seiner Hand sanft meinen Wangenknochen umschlossen und wir haben uns geküsst. Intensiv. Leidenschaftlich. Voller Zuneigung. Es war einfach wundervoll. Er schmeckt genauso gut, wie ich es mir immer insgeheim gedacht habe. Leider war der Kuss nach meinem Geschmack viel zu schnell vorbei. Er hat nur noch meinem Vornamen gemurmelt, mir eine gute Nacht gewünscht und ist zu seinem Zimmer gegangen.“
Simeone wollte am liebsten ein Würggeräusch von sich geben, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie sah ihre Freundin nur fassungslos an.
„Wirklich?“, hakte schließlich Samara ungläubig nach.
Lydia lachte. „Nein, ich bin nur aufs Klo gegangen und sie hat scheinbar meine Ankündigung überhört. Jedenfalls hab ich mich auf dem Rückweg verlaufen. Deshalb hab ich so lange gebraucht.“ Eigentlich stimmt das so auch nicht. Ich hab ihn nämlich erst getroffen, als ich mich schon verlaufen hatte…
„Und ich dachte schon!“, stöhnte Simeone und warf ein Kissen nach Lydia. „Hast mich echt erschreckt. Das klang wie aus einem schlechten Horrorfilm…“
Plötzlich ging die Tür auf und drei Gestalten traten ein. „Guten Abend, die Damen.“, verkündete eine von ihnen mit einer übertriebenen Verbeugung.
„Leute, das ist ein Frauenschlafraum. Was hab ihr hier verloren?“, zischte Lydia prompt. „Wenn Herr Linus-„
„Ich will nichts mehr von dem hören!“, fiel Simeone ihr ins Wort und begrüßte ihren Freund, der sich wieder aufrichtete, mit einer Umarmung. „Natürlich seid ihr hier gern gesehen.“ Sie grinste, woraufhin ihre linusverehrende Freundin mit den dunkellila Haaren genervt die Augen verdrehte. Jed und Aiden setzten sich auf ein Bett.
„Bist du immer noch scharf auf den? Wo du ihn doch am Anfang so gar nicht leiden konntest…“, stichelte Jed lächelnd gegen Lydia.
„Ihr habt ja keine Ahnung…“ Sie verschränkte die Arme und blickte aus dem Fenster.
„Im Umkreis von 20 Kilometern ist hier übrigens tote Hose.“, wechselte Aiden das Thema, während er sich ungefragt bei den Chips bediente. „Der ultimative Nachteil, wenn man seine Übernachtungsmöglichkeit mitten auf einem idyllischen Fleckchen Wald sucht.“
„Wir haben aber abgestimmt. Die Mehrheit war dafür.“, meldete sich Samara zu Wort. „Ich finde es nicht schlecht, dass wir uns alle in der Natur befinden.“
„Das schon… aber es ist halt nicht zwangsläufig spannend…“
„Ich hab im Vorfeld gegoogelt.“, setzte Jed vorsichtig an. „Gar nicht weit von der Herberge entfernt liegt ein altes verlassenes Anwesen.“
„Du hast auch zuviel Freizeit.“, gähnte Mike, der sich mit Simeone auf ein anderes Bett setzte.
„Lass mich halt ausreden. Das Haus steht schon seit über 100 Jahren leer. Da lebte mal irgend so ein Adliger drin, der scheinbar durchgedreht ist, als seine Frau umgebracht wurde. Manche sagen, er soll sie sogar selbst getötet haben. Jedenfalls hat er ihren Verlust nicht verkraftet und begonnen, wahllos Menschen zu ermorden. Und als er selbst gestorben ist, fand seine Seele keine Ruhe. Es heißt, sie streift immer noch rastlos im Gemäuer umher, um arglosen Besuchern das Fürchten zu lehren.“
Stille legte sich über den Raum wie ein Nebelschleier. Alle sahen Jed ungläubig an.
„Sag mal, was hast du eigentlich genommen? Klingt ja wie der Abklatsch eines billigen Horrorfilms. Fehlt nur noch, dass du vorschlägst, dass wir uns dahin begeben sollen, um der Sache auf den Grund zu gehen.“, prustete Mike los. „Man, dann bist du aber der erste, der draufgeht. Das ist in solchen Filmen immer so.“ Alle, bis auf Jed und Lydia, die immer noch leicht eingeschnappt war, lachten.
„War ja nur so ein Gedanke, damit wir vor Langeweile nicht umkommen…“
„Naja, ich finde die Idee ehrlich gesagt auch nicht so prickelnd.“, gab Aiden zu. Auch Simeone und Samara waren der Ansicht. Mike fügte noch hinzu, dass das eher was für Raphael wäre, wofür er einen flüchtigen, erzürnten Blick von Samara erntete.
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Das Haus des Teufels
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